CO2-Rückgewinnungsanlagen für Brauereien

Eigentlich ist es ja logisch: Brauereien erzeugen CO2, Brauereien brauchen CO2. Warum sollte das also nicht dasselbe CO2 sein? Nur leider ist ja selten etwas so einfach wie logisch. Eine Panelrunde auf der BrauBeviale 2023 diskutierte verschiedene Praxisbeispiele aus mittelständischen Brauereien. In diesem Artikel fassen wir die Ergebnisse der Panelrunde zusammen.

Veröffentlicht am 15/03/2023Aktualisiert am 08/08/2024

Technik & Technologie
Bier, alkoholfreies Bier

Ein Beitrag von

Nina Anika Klotz

freie Autorin

Drei Braumeister berichteten im Forum der BrauBeviale 2023, welche Erfahrungen sie mit unterschiedlichen CO2-Rückgewinnungsanlagen machen

Lohnt sich die Investition in eine CO2-Rückgewinnungsanlage?

Nichtsdestotrotz: Unmöglich ist es längst nicht mehr, genau jenes Kohlendioxid, das während der Gärung freigesetzt wird, aufzufangen und an anderer Stelle, da nämlich, wo es gebraucht wird, einzusetzen. Um Tanks leerzudrücken und vorzuspannen etwa. Oder um Flaschen und Fässer vorzuspannen.

Rückgewinnungsanlagen sind keine Zukunftsmusik – aber in ihnen liegt womöglich die Zukunft auch für kleine und mittelständisches Brauereien.

Die Gründe, die für eine Investition in eine solche Anlage sprechen, sind klar: Erstens ist das ein entscheidender und wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit.

Schon bei einer eher kleinen Brauerei können 50, vielleicht sogar 60 Tonnen CO2 eingespart werden, die sonst schlichtweg ausgestoßen werden, berichtet ein Brauereibesitzer aus Baden-Württemberg.

Und zweitens ist den meisten spätestens seit der CO2-Knappheit im Sommer 2022 klar, welchen Wert es hat, sich autark mit Kohlendioxid versorgen zu können.

Zumindest für die Bierproduktion ist das für mittelgroße Betriebe möglich. Wer allerdings zusätzlich viel im Limonadenbereich unterwegs ist, wird um den Kauf von Kohlensäure wohl kaum umhinkommen.

Die große Frage ist und bleibt natürlich immer: lohnt sich das? Auf der BrauBeviale 2023 versammelten die Privaten Brauereien Bayern drei Braumeister auf dem Podium, die sagen: Ja, es lohnt sich. Alle arbeiten mit unterschiedlichen Anlagen.

Christoph Hilsenbeck, Lammbrauerei Hilsebeck

Die technischen Voraussetzungen in seiner Brauerei in Gruibingen im Landkreis Göppingen seien, so Braumeister Christoph Hilsenbeck, gut gewesen: Im Gär- und Lagerkeller standen ohnehin ausschließlich ZKTs und Rohre für Abluft waren auch schon da.

Das Familienunternehmen hat sich dann für eine CO2-Rückgewinnungsanlage der Firma Dalum entschieden. Denn dort habe er folgende Vorteile gesehen: Im Vergleich zu Wettbewerbern sei die Anlage günstig, aber auch zuverlässig. Sie arbeite effizient und wenn doch mal etwas sein sollte, könne man sich auf den Kundenservice verlassen, Ersatzteile seien auch in Deutschland erhältlich.

Als Nachteil wertet Hilsenbeck allerdings die Tatsache, dass diese Anlage ohne Ballon kommt. Die Anlage verursache pro Tag für seinen Betrieb nun einen Personalaufwand zwischen 10 und 30 Minuten im Vergleich zur Kaufkohlensäure und es entstehen Laborkosten, denn die Reinheit der eigens produzierten Kohlensäure müsse sichergestellt werden.

Damit könne er nun Kohlensäure für 2,6 Cent pro Kilogramm herstellen. Ein guter Deal im Vergleich zu 50 Cent/kg für Kaufkohlensäure? Hilsenbeck rechnet genau und konkret vor: Seine CO2-Rückgewinnung, der CO2-Tank und der Verdampfer hätten ihn 105.000 Euro gekostet. Mit der Kostendifferenz von rund 47 Cent je Kilo belaufe sich die Amortisationszeit damit auf 4,5 Jahre. Mit zusätzlicher Verrohrung für rund 60.000 Euro dauere es dann sieben Jahre, bis die Anlage sich rechnet.

Maik Grün, Braumeister Westerwald-Brauerei

Maik Grün berichtet, dass er sich bereits mehr als drei Jahre mit dem Thema beschäftigt hatte, aber „nie so ganz glücklich“ wurde mit den Angeboten auf dem Markt. Dann fand er in der Firma Wellmann einen Partner, der mit ihm gemeinsam eine ganz individuelle Anlage in die bestehenden Gebäude der Brauerei hineinplanen und einbauen konnte.

Denn das war dem geschäftsführendem Gesellschafter Jens Geimer wichtig: Es sollten nicht noch weitere Flächen versiegelt werden. Sein großer Antrieb ist das Thema Nachhaltigkeit. Bis 2030 soll seine Brauerei „100 Prozent klimaneutral aus eigener Kraft“ sein. Bisher schaffe das Unternehmen das nur über den Zukauf von Zertifikaten. Könnte der Bedarf der rund 500 Tonnen zugekauften Kohlendioxids pro Jahr aber deutlich gesenkt werden, wäre das ein guter Schritt seinem Ziel entgegen.

Wäre und könnte, denn, wie Maik Grün berichtet: Der Bau der komplett einzigartigen Westerwald-Wellmann-Anlage verzögere sich, mit den bisherigen Fortschritten aber sei er sehr zufrieden.

Thorsten Jauch, Hirsch-Brauerei Hohner

In der Hirsch Privatbrauerei in Wurmlingen hingegen läuft die CO2-Rückgewinnungsanlage bereits seit 2018. Die neue Anlage. Tatsächlich gab es bereits vor dreißig Jahren eine Rückgewinnungsanlage. Als diese ihren Zenit überschritt, hätte man, berichtet Thorsten Jauch, überlegt, ob man überhaupt wieder in eine solche Anlage investieren solle oder ob man künftig CO2 besser einfach komplett zukaufe.

Letztlich habe man sich aber doch für eine neue, leistungsstärkere Anlage von Haffmans entschieden. Kostenpunkt „unter einer halben Million“. Mit ihrer Hilfe schaffen die Wurmlinger es nach Aussage von Braumeister Thorsten Jauch, 60 bis 65 Prozent des benötigten CO2 in Eigenherstellung zu gewinnen. Und das bei einem jährlichen Ausstoß von 110.000 Hektolitern. Auch mehr wäre theoretisch drin: Die Hirsch-Brauerei produziert 17 Sorten Bier, sechs davon obergärig. Diese fermentieren bislang in offenen Gärbottichen. Allerdings wurden hier die Schnabelbottiche so konstruiert, dass man theoretisch auch hier das CO2 auffangen könnte.

Machen sie im Moment nicht, sagt Jauch, weil auch die Menge der untergärigen Biere groß ist, so dass die Haffmans-Anlage, die 70 Kilogramm CO2 pro Stunde rückgewinnen kann, damit allein schon gut ausgelastet ist.

Fazit

Die Technologie der CO2-Rückgewinnung ist ganz klar auch für den Mittelstand mittlerweile Stand der Technik. Ob sich die Investition lohnt, hängt aber stark von den Gegebenheiten jeder individuellen Brauerei ab.

Und schließlich gibt es noch einen Punkt zu bedenken, der in der Planung und bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit eine große Rolle spielt: CO2-Rückgewinnungsanlagen verbrauchen Energie. Dieser Verbrauch (hauptsächlich bei der Verdichtung, der Verflüssigung und der Verdampfung des CO2) muss unbedingt bei Betrachtung der Wirtschaftlichkeit eingepreist werden.