CBD-Getränke: Der Reiz des eigentlich nicht Verbotenen

Es ist eine neue Sau im Dorf! Oder ist es doch mehr? CBD – Cannabidiol – wabert schon seit geraumer Zeit als mutmaßlich DER nächste Trend im Getränkeland herum. Vor allem im Bereich alkoholfreie Getränke. Wundert auch keinen, wissen doch alle, dass der Markt extrem umkämpft ist. Und unfassbar schnelllebig. Und dann kommt schon das nächste neueste Ding. Höchste Zeit sich das einmal genauer anzuschauen.

Veröffentlicht am 05/07/2021Aktualisiert am 05/07/2024

Marketing & Vertrieb
Alkoholfreie Getränke
Erfrischungsgetränke

Ein Beitrag von

Nina Anika Klotz

CBD-Getränke: Gesetze, Marktpotenzial, Inhaltsstoffe, Herstellung

Rechtliche Rahmenbedingungen für CBD-Getränke

Allerdings hat das Thema CBD mit einigen Hürden zu kämpfen. Juristischen, allem voran. Cannabidiol, kurz CBD, wird nun mal aus der Cannabispflanze gewonnen, und deren Anbau und Verwertung ist in Deutschland strenger reglementiert als in anderen Ländern.

In der EU fallen CBD-Lebensmittel unter die Novel-Food-Verordnung und bedürfen damit einer besonderen Genehmigung. Nach einem zwischenzeitlichen Stopp der Neuzulassung von CBD-haltigen Nahrungsmitteln stehen die Zeichen aktuell wieder auf Grün. Und nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes, der klarstellte, das CBD-Öl keine psychoaktive Wirkung hat und demnach auch nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fällt, ist der Weg für CBD wieder frei.

Dennoch bleibt es gefühlt grauzonig – was zum Teil den Reiz ausmacht: Getränke mit oder aus Cannabis sorgen für Gesprächsstoff, Aufmerksamkeit gibt es gratis dazu. Und viele Anbieter haben sich noch nicht auf das unbestellte Feld gewagt.

Marktpotenzial für CBD-Getränke

Dass bei CBD Musik drinsteckt, beweist nicht zuletzt ein interessanter Schachzug von Anheuser-Busch. Das Unternehmen hat bereits 2018 einen 100-Millionen-Dollar-Deal mit Tilray geschlossen, einem Pharmaunternehmen aus Kanada und dem weltgrößten Hersteller von medizinischem Marihuana. Ziel laut AB-InBev: gemeinsam alkoholfreie Getränke entwickeln.

Tilray ist inzwischen eines der größten Cannabis Unternehmen weltweit und hat laut CNBC einen Marktwert von 1,79 Milliarden US-Dollar. Im August 2023 hat Tilray Craft Beer- und Getränke-Marken samt Produktionsstätten und Personal von Molson Coors und Anheuser-Busch gekauft, um sein Portfolio im Getränkemarkt zu erweitern. THC Getränke gehören in Nordamerika zu den am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweigen. Mit dem Kauf der Getränkemarken hat Tilray nach eigenen Angaben seinen Marktanteil an Cannabis Getränken in Kanada auf rund 36% erweitert. 

Außerdem passen Cannabis-Getränke in den Zeitgeist. Denn mit gewissen Inhaltsstoffen können sie gut und gern im Segment der Wellnessdrinks aufgebaut werden und entsprechen so dem Gesundheitsbewusstsein gerade der jüngeren Kundschaft. Benefits, Mehrwert – das verkauft sich gut und zu guten Preisen. 

Inhaltsstoffe von CBD-Getränken

High machen CBD-Getränke nicht, auch wenn einige von ihnen bisweilen mit dem Reiz des Verbotenen und einer gewissen Romantik kokettieren. Für das wohlige, weiche Wie-auf-Wolken-alles-easy-Gefühl nach dem „konventionellen“ Cannabis-Konsum per Joint ist das Tetrahydrocannabinol (THC) mit seiner psychoaktiven Wirkung verantwortlich. CBD hat so eine nicht, kann aber schmerzlindernd und entzündungshemmend wirken.

Es gibt wissenschaftliche Studien, die darüber hinaus auf eine gewisse Wirksamkeit von CBD in der Bekämpfung von Angstzuständen oder gar Depressionen hinweisen. Allerdings ist das unabhängig von der möglichen Aufnahme über Lebensmittel und Getränke zu sehen.

Will sagen: Wie viel CBD-Limo man trinken müsste, um den chronischen Home-Office-Rückenschmerz weniger zu spüren oder gar eine depressive Verstimmung zu überwinden, ist vollkommen ungeklärt. Das ist auch der Grund, warum sich Hersteller von CBD-Getränken hüten sollten, allzu großspurig Health Claims zu verbreiten. „CBD tut irgendwie gut“ ist, was man hinlänglich wohl sagen könnte.

Wie kommt das CBD ins Getränk?

Gut verfügbar ist dafür CBD-Öl, das auf unterschiedliche Weisen (durch Erhitzung beziehungsweise Destillation, über Lösungsmittel wie etwa Ethanol oder Butan, überkritisches Kohlenstoffdioxid, Alkohol oder auch Öl) in der Regel aus der getrockneten weiblichen Blüte des Nutzhanfs gewonnen wird.

In Deutschland darf CBD-Öl maximal einen Anteil von 0,2 Prozent THC aufweisen. Dann dürfen Hersteller es in Lebensmitteln und Getränken einsetzen und Wasser, Limo, Tees oder sogar Kaffee oder Bier mit CBD anreichern.

Oder aber die Hersteller setzen auf die getrockneten Blätter der Cannabispflanze, einer Art Hanf-Tee. So wie Can Kalayci, Chef und Gründer der Creative Food and Beverage Company AG. Er produziert exklusiv für eine bekannte Schweizer Handelskette einen Hanf-Eistee namens Herbtie. Dafür brüht er getrocknete Hanfblätter zusammen mit grünem Tee auf. Dieser Aufguss wird dann verdünnt und zusammen mit Zitronensaft und etwas Rohrzucker zum erfrischend herben Endgetränk. „Wir beziehen unseren Hanf regional“, erzählt Can Kalayci. Ja, die Schweiz ist nämlich ausgesprochen liberal in Sachen Cannabis, der Anbau der Sorte Cannabis Sativa L. ist möglich, und Rohware mit bis zu einem Prozent THC-Gehalt sind zur Weiterverarbeitung in der Lebensmittelproduktion zugelassen.

In Deutschland sind die Regelungen strenger und die Messgrenzen enger. Das muss allerdings kein Nachteil für deutsche Produzenten sein, findet Kevin Singh Witzorek, Gründer der Hamburger Getränkefirma Jamu. Nach einer kleinen Reihe unterschiedlicher, international inspirierter Wellnessdrinks stellte er auf der BIOFACH 2020 in Nürnberg seinen Bio-Cannabis-Drink vor. In kürzester Zeit wurde der zum Bestseller in seinem Portfolio, Witzorek verkauft sogar in die USA. Und das, obwohl der CBD-Gehalt deutlich unter dem liegt, was dort erlaubt wäre. Aber es geht ja bekanntlich auch weniger um die Quantität als vielmehr um Qualität.

„Ich vergleiche das gern mit einer hochdosierten Vitamin C-Tablette und einem Apfel. Was meinst du, ist besser für dich, für deinen Körper? Die Tablette, die vielleicht die zehnfache Menge Vitamin C hat – oder der Apfel mit der Vielzahl seiner Nährstoffe, Vitamine und Mineralien?“ Im Gegensatz zu den meisten internationalen Herstellern, die vor allem über die Menge des in ihren Getränken enthaltenen CBDs punkten wollen und deshalb mit auf CO2-Basis gewonnenen Extrakten arbeiten, hat Witzorek mit seinem Team ein eigenes und im Detail geheimes Extraktionsverfahren entwickelt, bei dem sämtliche Inhaltsstoffe der Hanfpflanze gewonnen und erhalten werden. In seinem Bio-Cannabis-Drink ist eben nicht nur CBD, sondern auch verschiedene Terpene, Spurenelemente und diverse Cannabinoide, die in der Pflanze von Natur aus vorkommen. „Nur die alle zusammen können den Effekt schaffen, den wir erreichen wollen“, so Witzorek. Er beruft sich dabei auf den wissenschaftlich belegten „Entourage-Effekt“, wonach erst das Zusammenspiel unterschiedlicher Inhaltsstoffe für eine positive Wirkung sorgt.

Wer wie Can Kalayci oder Kevin Witzorek mit Hanf-Aufgüssen arbeitet, bekommt auch das volle Cannabis-Aroma.

Ein eigener Geschmack, herb-süßlich und schnell auch intensiv. „Hanf schmeckt halt wie Hanf – und das ist auch gut so!“, sagt Kevin Witzorek. „Wir geben keine Süßungsmittel und keine Aromen bei. 42 Prozent Cannabisauszug, Kurkuma, Ingwer, wenig Trauben- und etwas Zitronensaft plus Kohlensäure. Das ist alles.“

CBD-Bier: Cannabis und Hopfen sind verwandt

Was viele zwar wissen, bis hierher aber noch nicht erwähnt wurde: Cannabis ist eine nahe Verwandte von Hopfen. Die gleiche Pflanzenfamilie. Und nicht nur deshalb liegt es fast auf der Hand, den Trend CBD auch mit dem zeitlosen Thema Bier in Verbindung zu bringen.

BRLO in Berlin war da Pionier, hat bereits zwei CBD-Biere, „Legend has it“ (Pils) und „Down“ (ein Double IPA), auf den Markt gebracht. „Da ja CBD als Nahrungsmittel immer noch nicht wirklich legal ist, haben wir einen Bio-Hanftee aus Brandenburg verwendet, der eben kein THC, aber einen hohen CBD-Gehalt hat“, erzählt Geschäftsführerin Dr. Katharina Kurz. „Diesen Bio-Hanftee haben wir zusätzlich zum Hopfen bei der Kalthopfungsphase zugeführt. Der Geschmack kam auf jeden Fall durch, es war super grasig."

Und sie sieht hier weiteres Potential: „Ich denke insgesamt, dass im Thema CBD noch super viel Potenzial steckt, und wir könnten uns vorstellen, da noch weitere Getränkeexperimente zu machen.“